Das Oberlandesgericht Schleswig (Urteil vom 18.07.2025 – 12 U 73/24) hat entschieden: Auch nach Inkrafttreten des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes bleibt der Vermieter bei Gewerberaummietverhältnissen verpflichtet, Einsicht in die Originalbelege in Papierform zu gewähren. Eine ausschließliche digitale Bereitstellung genügt nicht.
Hintergrund
Die Vermieterin hatte die Klage auf Zahlung von Betriebskosten erhoben. Der Mieter verweigerte die Zahlung mit Hinweis auf ein Zurückbehaltungsrecht, solange keine Einsicht in die Originalunterlagen, die der Betriebskostenabrechnung zugrunde liegen, gewährt werde.
Das Landgericht Itzehoe hatte die Klage als „derzeit unbegründet“ abgewiesen – zu Recht, so nun auch das OLG Schleswig.
Neue Rechtslage im Wohnraummietrecht
Seit 01.01.2025 erlaubt § 556 Abs. 4 BGB, dass Vermieter Wohnraummietern Betriebskostenbelege auch digital zur Verfügung stellen dürfen.
Aber: Diese Neuregelung gilt nach dem Gesetzeswortlaut nur für Wohnraummietverhältnisse. Eine automatische Übertragung auf die Gewerbemiete ist nicht vorgesehen.
Keine analoge Anwendung auf Gewerbemiete
Das OLG stellt klar: Es liegt keine planwidrige Regelungslücke vor, die eine analoge Anwendung des neuen § 556 Abs. 4 BGB auch auf das Gewerbemietrecht rechtfertigen würde. Der Gesetzgeber habe bewusst auf eine Erweiterung auf Gewerbemiete verzichtet, obwohl er gleichzeitig Änderungen an anderer Stelle für das Gewerbemietrecht vorgenommen hat. Daher muss der Vermieter Einsicht in Papierform gewähren, wenn Originalbelege existieren; nur wenn Belege selbst digital erteilt wurden, genügt die digitale Vorlage.
Keine Rückwirkung
Das OLG Schleswig stellt ferner klar: Selbst wenn man eine analoge Anwendung des § 556 Abs. 4 BGB im Gewerbemietrecht annähme, würde diese nur für künftige Abrechnungen gelten. Für (wie im vorliegenden Fall) bereits erteilte Abrechnungen bleibt ohnehin die alte Rechtslage maßgeblich. Ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters besteht daher fort, solange keine Einsicht in Originalbelege gewährt wird.
Bedeutung der Entscheidung
Für Gewerberaummietverhältnisse bleibt es bei der bisherigen Rechtsprechung: Einsicht in die Originalbelege ist grundsätzlich zu gewähren.
Digitale Bereitstellung ist nur zulässig, wenn auch dem Vermieter nur digitale Belege vorliegen oder wenn der Mieter damit einverstanden ist.
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