Gefahr unbeachtlich, wenn sich Risiko erst bei Räumung verwirklichen könnte
Gesundheitsbedenken stoppen Kündigung nicht
Das Landgericht Frankenthal hat mit Urteil vom 01.03.2024 (2 S 118/23) die ordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses bestätigt, obwohl die Mieterin gesundheitliche Härtegründe geltend gemacht hatte. Im Streit stand die Räumung einer Wohnung wegen Zahlungsverzugs und fortgesetzter Störung des Hausfriedens. Die Vermieter hatten die fristlose und fristgerechte Kündigung ausgesprochen, nachdem die Mieterin zwei Monatsmieten nicht gezahlt hatte, wiederholt Mitbewohner beleidigte und randalierte.
Gefahr erst bei Räumung hindert Kündigung nicht
Die Mieterin, die unter einer paranoiden Schizophrenie leidet, argumentierte, dass ihr Verhalten krankheitsbedingt sei und eine Räumung ihre Gesundheit massiv gefährden könnte. Ein vorgelegtes ärztliches Attest bescheinigte jedoch keine unmittelbare Suizidgefahr. Das Gericht stellte klar, dass eine gesundheitliche Gefährdung, die sich erst im Falle der Räumung verwirklichen könnte, lediglich bei der Vollstreckung relevant sei, nicht jedoch bei der Entscheidung über die Kündigung.
Vermieterinteressen überwogen trotz Härtefall
Die fristgerechte Kündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB wurde als rechtmäßig anerkannt, aufgrund der unstreitigen Mietrückstände. Die nachträgliche Begleichung der Mietschulden änderte nichts an der Wirksamkeit der Kündigung. Auch der Härteeinwand nach § 574 BGB wurde abgelehnt, da wegen den andauernden Störungen des Hausfriedens das Interesse der Vermieter an der Beendigung des Mietverhältnisses überwog.
Räumungsfrist gewährt
Trotz der Bestätigung der Kündigung gewährte das Gericht der Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 31.05.2024, um ihrer angespannten persönlichen Situation Rechnung zu tragen. Das Gericht betonte jedoch, dass das Verhalten der Beklagten, darunter wiederholte Beleidigungen und Sachbeschädigungen, ein legitimes Interesse der Vermieter an der Räumung begründet.
Abgrenzung zu unmittelbarer Suizidgefahr durch Räumungsurteil
Das Gericht grenzt hier sehr klar ab, wann sich die Gefahr eines etwaigen Suizids verwirklichen könnte. Insoweit hat der BGH früher schon einmal entschieden, dass eine fristlose Kündigung nicht möglich sei, wenn ein Sachverständigengutachten feststellt, dass schon aufgrund eines Räumungsurteil mit psychischen Reaktionen zu rechnen sei, wobei die konkrete Möglichkeit einer Selbsttötung oder eines sog. "Totstellreflexes" mit apathischem Verhalten und Verweigerung der Nahrungsaufnahme besteht. Unter diesen Umständen könne die betroffene Person trotz erheblicher Hausfriedensstörungen nicht zur Räumung der Wohnung verurteilt werden (BGH, Urteil vom 08.12.2004 - VIII ZR 218/03).
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